Albert Hofmann

„LSD erinnert den Menschen daran, dass er mit dem tiefsten Sein verbunden ist – mit der Natur, mit dem Universum, mit dem großen Ganzen.“ – Albert Hofmann


Wie es der Name unseres Institutes andeutet, beziehen wir einen großen Teil unseres ideellen Ansatzes bezüglich Mensch, Natur und Gesellschaft von unserem Namensgeber: Albert Hofmann. Geboren 1906 in Baden in der Schweiz, studierte er an der Universität Zürich in den chemischen Wissenschaften, promovierte 1929 bei Paul Karrer mit Auszeichnung mit dem Thema „Über den enzymatischen Abbau von Chitin und Chitosan“. Dies war von Bedeutung für die Grundlagenforschung zur Biochemie von Kohlenhydraten sowie für Anwendungen in der Landwirtschaft, Medizin und Industrie. Danach begann er seine berufliche Laufbahn bei den Sandoz-Laboratorien (heute Novartis) in Basel. In erster Linie konzentrierte sich Hofmann bei seinem neuen Arbeitgeber auf die Synthese und Veränderung pflanzlicher Stoffe für die medizinische Verwendung. In diesem Zuge vertiefte er seine Beziehung zu einem ganzheitlichen Ansatz der Forschung und konnte sich wissenschaftlich ausprobieren. Seine berühmteste Entdeckung, die des Lysergsäurediethylamids (LSD), entstand so aus Forschungen zur Linderung von postnatalen Depressionen. Nachdem er1938 erstmals „LSD-25“ synthetisierte, zunächst ohne dessen psychoaktive Wirkung zu erkennen, erlebte er am 16. April 1943 zufällig die ersten bewusstseinserweiternden Effekte von LSD durch eine versehentliche Aufnahme der Substanz. Drei Tage später, am 19. April (dem später sogenannten „Bicycle Day“), unternahm er bewusst einen Selbstversuch mit 250 Mikrogramm und dokumentierte die tiefgreifenden psychedelischen Wirkungen. Dies markierte den Beginn der wissenschaftlichen Erforschung von LSD und anderen Psychedelika. Besonders spannend ist, dass Albert Hofmann das Wirkpotential des LSD einige Monate nach Enrico Fermis erster nuklearen Kettenreaktion entdeckte, die zur Herstellung der Atombombe führte. Einstein beispielsweise sagte, dass die Atombombe unseren Weg über die Welt nachzudenken, radikal verändere – die psychedelische Erfahrung hat wiederum das Potential, die Weltsicht und Lebensorientierung derjenigen zu verändern, die sie machen.


Während weithin bekannt sein dürfte, dass Hofmann der Entdecker des LSD war, stellte dies nicht seine einzige intellektuelle und wissenschaftliche Leistung dar. In den folgenden Jahren untersuchte Hofmann weitere psychoaktive Substanzen; darunter Psilocybin und Psilocin aus mexikanischen Zauberpilzen. 1958 gelang es ihm durch die Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlerïnnen anhand von durch die mazatekische Curandera Maria Sabina bereitgestellten Psilocybe mexicana, deren kristalline Form zu isolieren.


Es ist auch zu erwähnen, dass für Hofmann die psychedelischen Erfahrungen genutzt werden sollten, um dem persönlichen Glück näher zu kommen – doch dafür bedarf es laut ihm ein redliches Bemühen, Zielorientierung, Durchhaltevermögen und lernwilligen Arbeitseifer. Albert Hofmann konnte auch das LSD nur durch Lernbegierde und Beharrlichkeit synthetisieren – so meint er zwar, dass das Glück ihm zur Entdeckung verhalf; dieser Entdeckung jedoch ein systematischer Versuchsaufbau vorher ging.


Obwohl Hofmann die aus Unwissen resultierende Verwendungsweise des LSDs in der gegenkulturellen Bewegung der 1960er Jahre kritisierte, hegte er dennoch freundschaftlichen Kontakte zum umstrittenen Forschungskollegen Timothy Leary. Ebenso verband ihn eine enge Freundschaft mit dem Schriftsteller Rudolf Gelpke. Beide traten für eine basisdemokratische und den möglichst offenen Zugang von Psychedelika ein. Dies resultierte vor allem aus ihrer Hoffnung, mithilfe einer Massenbewegung tatsächliche systemische Transformationsprozesse und eine Evolution des Bewusstseins bewirken zu können. Hofmann teilte sich aber eher die Position mit dem Schriftsteller Aldous Huxley, der in einer solchen Verteilung mögliche Risiken für die öffentliche Wahrnehmung und die problematischen Auswirkungen unkontrollierten Substanzgebrauches sah. Huxley und Hofmann waren – zumindest im öffentlichen Auftreten – der Ansicht, dass Psychedelika entweder nur als Medikament und möglichst für ausgewählte Personen zugänglich sein sollte. Dies vertrug sich nur schwer mit der Forderung von Timothy Leary, die kognitive Freiheit und Eigenermächtigung des Einzelnen zu fördern, da so automatisch wieder Verbote von anderen und eine Zweckrationalisierung der Psychedelika für medizinische Zwecke ausgesprochen wurden. Hofmanns Autobiografie „LSD – Mein Sorgenkind“ (1979) veranschaulicht sein ambivalentes Verhältnis zu seiner eigenen wirkmächtigsten Entdeckung – doch machte ihn diese Entdeckung auch zu einer zentralen Figur in der psychedelischen Bewegung.


Hofmanns Interesse beschränkte sich nicht nur auf die moderne Wissenschaft. Er befasste sich intensiv mit den Eleusinischen Mysterien, geheimen religiösen Riten des antiken Griechenlands. Diese Mysterien waren geheime religiöse Riten, die in Eleusis, nahe Athen, über Jahrhunderte hinweg praktiziert wurden. Teilnehmer – so beispielsweise die berühmten Philosophen Platon und Cicero – berichteten von tiefgreifenden spirituellen Erlebnissen, die ihr Leben nachhaltig veränderten.


Hofmann stellte gemeinsam mit dem Ethnobotaniker Gordon Wasson und dem Klassischen Philologen Carl Ruck die Theorie auf, dass der Kykeon möglicherweise auf einer Mutterkorn-ähnlichen Substanz basierte, die psychoaktive Alkaloide enthielt. Da Hofmann den Grundstoff für die LSD-Synthese ebenfalls aus dem Mutterkorn isoliert hatte, lag für ihn die Vermutung nahe, dass die alten Griechen eine ähnliche psychoaktive Substanz genutzt haben könnten, um transzendente Bewusstseinszustände zu erreichen.


Diese Forschungen waren für Hofmann nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern hatten für ihn auch eine philosophische und spirituelle Bedeutung. Er sah eine Verbindung zwischen den antiken Mysterien, der psychedelischen Erfahrung und dem menschlichen Streben nach tieferem Verständnis der Wirklichkeit. In seinen späten Jahren äußerte er oft den Wunsch, dass moderne Gesellschaften den bewussten und rituellen Umgang mit psychedelischen Substanzen wiederentdecken könnten – in einem Rahmen, der sowohl spirituell als auch wissenschaftlich fundiert ist.


Hofmann betrachtete LSD nicht nur als Werkzeug zur Erforschung des Bewusstseins, sondern auch als Mittel, um die Verbindung zwischen Mensch und Natur zu stärken. Er sah in der modernen Gesellschaft eine zunehmende Entfremdung von der Natur, die er als Ursache vieler ökologischer, gesellschaftlicher sowie psychischer Probleme ansah. Die Naturwissenschaften sollten für ihn als Augenöffner für das Wunder der Schöpfung dienen und er kritisierte deren zunehmenden instrumentellen Entwicklungen innerhalb der modernen Technologien und Industrien. Der Mensch ist für ihn ein Erkenntniswesen, ein Sonnen- und Lichtwesen:


„Sonnenenergie ist es, die die Lebensprozesse im Gang hält, selbst die Hirnfunktionen werden mit Sonnenenergie gespeist, so daß der menschliche Geist die sublimste energetische Umwandlung des Sonnenlichts darstellt. Naturwissenschaftliche Forschung hat also offenbart, daß wir Sonnenwesen sind, eine Wahrheit, die in vielen Mythen zur Darstellung kommt.“


Seine Arbeit beeinflusst bis heute die psychedelische Forschung. Seit den 2000er Jahren er-lebt LSD eine wissenschaftliche Renaissance – mit neuen Studien zur Anwendung bei De-pressionen, posttraumatischen Belastungsstörungen und existenziellen Ängsten. Hofmanns Vision einer bewussten und respektvollen Nutzung psychedelischer Substanzen könnte in naher Zukunft Wirklichkeit werden. Sind wir auf dem Weg zu einer neuen Eleusinischen Kultur, darf man sich so fragen?


2008 schließlich starb Hofmann im Alter von 102 und hinterlässt ein Opus an wissenschaftlichen Schriften und Ergebnissen. LSD, wie andere seiner Erfindungen, waren zu dem Zeitpunkt schon über 50 Jahre lang verboten.


Heute hat sich die Forschungslandschaft nicht nur auf der Ebene der Chemie, sondern auch gesellschaftlich in ihren Ansätzen weiterentwickelt. Mittlerweile haben psychoaktive Stoffe nicht nur Einzug in den bürgerlichen Diskurs gefunden, selbst renommierte Institutionen wie das britische King’s College London, die US-amerikanische Johns Hopkins University oder die niederländische Maastricht University haben ganze Einrichtungen ins Leben gerufen, die intensiv den Nutzen solcher Stoffe für Psyche und Körper erforschen.  Albert Hofmanns Forschung im Rahmen der Naturheilpflanzen, der Mediation, aber auch des gesellschaftlichen Einflusses setzten hier früh Maßstäbe. Sie zeigen seinen holistischen Ansatz zur Verbesserung der Lebensumstände innerhalb der Gesellschaft genauso wie auch im Kontext des Individuums. Hofmann verkörpert durch seine naturwissenschaftliche Expertise und seinen holistischen Ansatz eine Möglichkeit der Verquickung von akademischer Forschung und gesellschaftlicher Teilhabe. Er vereinte hohe ethische und qualitative Forschungsansprüche, die den Menschen auch im Rahmen seiner Umwelt wahrnehmen und erforschen. Um diesen Ansätzen treu zu bleiben, befinden wir uns in regelmäßigem Austausch mit der Erbgemeinschaft Albert Hofmanns.